Der Freitag begann mit dem ersten Frühstück in unserem Hotel. Und das konnte mich echt begeistern. Neben einer guten Auswahl an Aufschnitt und Käse gab es sowohl einen hausgemachten Couscous- und Eiersalat sowie einen veganen Brotaufstrich, der echt gut geschmeckt hat. Gerade in Hotels esse ich zum Frühstück gerne Rührei und Bacon. Das Rührei war schon gut, aber der Bacon war der Hammer: knackig kross, ohne angebrannt zu sein und dabei so “fettarm” wie möglich. Weit entfernt von den labberigen, in Fett schwimmenden Schinkenstreifen, die ich aus manch anderem Hotel kenne. Gut gestärkt ging es dann zu meinem ganz persönlichen Highlight unserer Berlin-Reise.
Michis Ex-Chef und ehemalige Bürgermeister ist inzwischen Mitglied im Deutschen Bundestag. Er hatte mal angeboten, dass er uns eine Führung durch den Reichstag geben würde, wenn wir mal in Berlin wären. Da haben wir ihn mal beim Wort genommen. Zwar hatte er selbst keine Zeit für uns, aber sein persönlicher Assistent sollte sich gut 90 Minuten Zeit für uns nehmen, um uns mal ein wenig durch das Zentrum der Macht zu führen.
Und so fanden wir uns um 11 Uhr in einem Gebäude des Bundestages an der Wilhelmstraße ein. Dort mussten wir unsere Ausweise abgeben, bekamen dafür Besucherausweise und mussten uns einer Leibesvisitation unterziehen. Schon aufregend. Als wir dann neben der Einlasskontrolle in einem offenen Warteraum auf unsere Abholung gewartet haben, fand ich es sehr schön, dass die Kontrolleure so richtig schön berlinert haben: “Nächste Woche jibt et wieder Geld” – “Wa? Bei mir is dett schon druff.” Herrlich.
Dass unsere Führung nicht im Bundestag begonnen hat, sondern im riesigen Jakob-Kaiser-Haus, das östlich an den Reichstag angrenzt, hat einen einfachen Grund. Zum einen hat Michis Ex-Chef dort sein Büro, zum anderen – weit spannender – sind viele Gebäude rings um den Reichstag über- oder unterirdisch miteinander verbunden. Und während unser Gastgeber uns einige erste Infos gab, spazierten wir gemütlich über Marmorfliesen unterirdisch unter dem Friedrich-Ebert-Platz hindurch in den Reichstag. Was es da nicht alles zu entdecken gab!
(Da ich selbst vor Ort aus Sicherheitsgründen keine Fotos gemacht habe, werde ich hier an passender Stelle ein paar Fotos aus der Google-Bildersuche verlinken.)
Schon in dem Verwaltungsgebäude an der Wilhelmstraße gab es in einem Innenhof etwas zu bestaunen: hoch über unseren Köpfen hingen vier Ruderboote in der Luft, lackiert in den Farben Schwarz, Rot, Gelb und Blau. Hierbei handelt es sich um die originalen Achter, die für Deutschland Goldmedallien errudert haben.
Kurz bevor wir dann unterirdisch den Reichstag erreichten haben wir ein etwa 4 x 3 Meter großes Stück schroffes Mauerwerk gesehen. Das stach aus den sonst so edel verarbeiteten Matreialien wie eben Marmor oder Holz sehr hervor. Hierbei soll es sich um einen Abschnitt eines alten Versorgungsganges handeln. 1933 soll der Brandstifter Marinus von der Lubbe über einen solchen Versorgungsgang in den Reichstag eingedrungen sein. Hauch der Geschichte und so…
Weiter ging es dann mit einer großen, gut 10 Meter breiten “Wand” aus – so sah es zumindest aus – edlen Schuhkartons. Die Kartons sahen so aus, als wären sie mit einem Seidenbezug und an den Rändern mit Spitze versehen. Wie sich herausstellte war es nicht nur eine Wand, sondern ein ganzer Gang, beleuchtet von nicht gerade hellen, nackten Glühbirnen, die karg in dem Gang von der Decke hingen. Hier hat jeder einzelne Abgeordnete, der jemals seit 1874 im Reichs- oder Bundestag gesessen hat, einen eigenen Karton. Egal ob Joschka Fischer, Angela Merkel oder auch Adolf Hitler. Ob in diesen Kartons jedoch was drin ist, habe ich vor lauter Aufregung schon wieder vergessen.
Anschließend sind wir unterirdisch weiter ins Paul-Löbe-Haus gegangen. Hier fand ich vor allem den unterirdischen Gang sehr beeindruckend. An mancher Stelle gut 25 Meter breit, auf der einen Seite mit in den Boden eingelassenen Scheinwerfern illuminiert, wirkte das ganze wie eine Kulisse eines Science-Fiction-Films. Auch das Paul-Löbe-Haus war von innen noch beeindruckender als von außen. Auf einmal steht man in einer riesigen Halle, an deren Seiten in gigantischen runden Säulen die Sitzungsräume der Innenausschüsse integriert sind. Okay, auch wenn es ein wenig weit hergeholt ist, so erinnerte mich diese runde Form zusammen mit dem Futuristischen und der unterschwelligen Atmospähre der Macht ein wenig an das Parlament in “Star Wars”…
Zurück im Reichstag ging es dann bis zur Tür des Plenarsaals. Da hatten wir uns genau das richtige Wochenende ausgesucht: die Bundespräsidentenwahl warf ihre Schatten weit voraus. Zum einen sind wir an den eher unspektakulären Wahlkabinen vorbei gegangen, die eher nach einer Umkleidekabine bei Primark aussahen; zum lagen auf allen Stühlen des Plenarsaals schon die Zettelchen bereit. Ob es sich um die Wahlzettel oder eher um die Sitzordnung handelte, konnte ich nicht erkennen. Unser Guide erklärte uns, dass die Bundeskanzlerin in Nähe des Plenarsaales noch einen eigenen kleinen Besprechungsraum hat, in den sie sich zurückziehen kann. Zwar durften wir den natürlich nicht betreten, aber der angrenzende Raum war für mich dann das absolute Highlight: die Präsenzbibliothek des Deutschen Bundestages. Ein großer Raum mit mindestens 3,5 m Deckenhöhe, die Wände in einem satten Blau gehalten, in der Mitte knallerote Ledersessel und in den Regalen Bücher, die so geschichtsträchtig sind wie nicht allzu viele in diesem Land. Da hat es mich dann doch im Finger gejuckt und ich habe fürs private Fotoalbum doch mal klammheimlich auf den Auslöser gedrückt. Von der Bibliothek aus konnte man auf einen Balkon des Reichstages treten. Als wir da so standen, hätte ich ja – albern wie ich nun mal bin – am liebsten den Spaziergängern an der Spree ganz queen-esque zugewunken, konnte es mir aber verkneifen.
Zu guter Letzt führte uns unsere private Tour noch ins Obergeschoss, wo wir uns mal den Fraktionssaal der CDU/CSU ein wenig näher anschauen konnten, während vor vor dessen Tür schon diverse Kamerateams Licht- und Soundchecks gemacht haben. Da sitzt die Merkel also mit dem Seehofer immer auf dem Podium. Spooky.
Abschließend konnten wir auch noch den üblichen Touri-Teil des Reichstags-Besuches bewältigen, wohlgemerkt ohne uns in die Schlange von Touristen einzureihen. Wir kamen über einen extra gesicherten zugang mit Pförtner auf die Kuppel des Reichstages und haben unsere Runde durch die faszinierende Glaskonstruktion gedreht. Ein schöner Abschluss für eine Führung, die dann doch gut und gerne zwei Stunden gedauert hat, aber zu keiner Sekunde langweilig war.
Danach sind wir noch ganz fasziniert von den vielen tollen Eindrücken ein wenig an der Spree entlang spaziert, bis hin zum Schloss Bellevue – wo noch keine Umzugskisten stehen, schließlich ist Herr Gauck ja noch bis Mitte März in Amt und Würden.
Dort hüpften wir in die Buslinie 100, die von allen immer so empfohlen wird, weil sie vom Alexanderplatz bis zum Bahnhof Zoo an vielen Berliner Sehenswürdigkeiten vorbei fährt. Kaum aus dem Bus gefallen haben wir auf der anderen Straßenseite auch schon das “C/O Berlin” entdeckt, in dem wir uns eh eine Fotoausstellung ansehen wollten. Wie passend.
Im Untergeschoss haben wir noch einen alten Fotoautomaten gefunden, der in den 50ern in einem amerikanischen Vergnügungspark gestanden hatte. 2 Euro rein, hier sind die Ergebnisse:
Anschließend haben wir uns dann “die komplette 100” gegeben und sind vom Bahnhof Zoo in vorderster Front (im Doppekldecker-Bus oben ganz vorn) bis zum Alex durchgefahren. Im Cafe von Galeria Kaufhof gab es dann eine verdiente Kaffee- und Kuchen-Pause, die wir mit Blick auf den Berliner Sonnenuntergang genießen konnten.
Ein Paar Schritte sollten es dann doch noch werden und so spazierten wir noch zum Gendarmenmarkt. Sehr schön: im Zwielicht der untergehenden Sonne war schon die Beleuchtung an den Gebäuden an, so dass wir da auch ein paar schöne Fotos machen konnten.
Mit 15 Kilometern bei Minusgraden in den Knochen hat es dann nur noch zum Besuch eines uns empfohlenen Dönerladens am Alex gereicht, bevor wir uns dann erschöpft wieder auf den Weg ins Hotel gemacht haben.
Und mit einem “Puh! Bin ich müde…” muss ich dann so gegen 20:30 Uhr schon entschlafen sein. 😉