Filmkritik: „Hidden Figures“

Amerika zu Beginn der 60er Jahre: nachdem die Russen immer erfolgreicher erste Sputniks ins All schießen, verkündet Kennedy den Wettlauf zum Mond. Der erste Mensch auf dem Erdtrabanten solle ein Amerikaner sein! Entsprechend emsig geht die NASA zu Werke und versammelt in ihren Reihen die größten Talente des Landes – auch jene, die ansonsten nicht so gern gesehen sind. Während der Rassismus noch die Regel ist und es immer wieder zu Unruhen und rassistischen Übergriffen kommt, sorgen ein paar farbige Frauen dafür, dass die notwendigen Berechnungen der NASA stimmen. Dies ist ihre Geschichte.

Die Besetzungsliste ist erlesen: die beiden farbigen Oscar-Gewinner Octavia Spencer (“The Help”) und Mahershala Ali (“Moonlight”) im Kreise von Oscar-Gewinner Kevin Costner (“Der mit dem Wolf tanzt”), Kirsten Dunst (“Spider-Man”), Jim Parsons (“Big Bang Theory”) und meinem persönlichen Liebling Taraji P. Henson (“Person Of Interest”). Das und die drei Oscar-Nominierungen, die der Film bekommen hat, lassen Gutes erwarten. Gemessen daran hat der Film mich doch ein wenig enttäuscht.

Klar sind das schon drei wirklich herausragende Frauen, die im Mittelpunkt des Filmes stehen. Katherine Johnson (Henson) hatte großen Anteil daran, dass der erste Amerikaner im All John Glenn wieder heile auf der Erde landen konnte, ebenso an der Mondlandung. Sie steht in diesem Film im Mittelpunkt. Doch auch die anderen beiden sind sehr geschichtsträchtig: Dorothy Vaughan (Spencer) war die erste farbige Frau, die bei der NASA als Supervisor angestellt war. Mary Jackson (Janelle Monáe, “Moonlight”) war die Vorreiterin, die farbigen Frauen das Recht erkämpft hat, an der University of Virginia zu studieren. Vor den Leistungen dieser Frauen kann man nur den Hut ziehen.

Dass der Weg zum Erfolg für alle drei voller Hindernisse war, kann man sich ausmalen. Als Johnson in den erlesenen Zirkel der Mathe-Genies aufgenommen wurde, gab man ihr keinen Monat – aber immerhin eine eigene Kaffeekanne, da sie als Farbige sich ja nicht aus der “Weißen-Kanne” bedienen könne. Über ihren erfolgreichen Berechnungen prangte stets der Name eines Kollegen, der mit den Berechnungen nicht wirklich was zu tun hatte. Sich da durchzubeißen, da gehört schon so einiges dazu. Vaughan konnte schier daran verzweifeln, dass sie schon seit einem Jahr die Vertretung eines Abteilungsleiters gemacht hat, ohne auch nur eine kleine Anerkennung dafür zu bekommen. Bezahlt wurde sie weiterhin wie eine stinknormale Bürokraft. Es ist zum Verzweifeln. Und Jackson konnte beruflich nur weiter kommen, wenn sie Studiengänge an der Universität belegt, auf der sie als Farbige keinen Zutritt hat – schon gar nicht als Frau!

Ich denke, es wird klar, dass die Situation von berufstätigen Frauen, die zudem noch den “Makel” haben, nicht weiß zu sein, deutlich wird. Leider blieb mir der Film am Ende doch zu “popcorntauglich”. Natürlich gab es Szenen, in denen man einen kleinen Eindruck davon bekommen hat, wie der Alltag für farbige Frauen ausgesehen haben muss. In der Bibliothek haben Farbige sich eben an die ihnen zugedachte Literatur zu halten, da kann doch eine Frau nicht einfach nach Physik-Büchern fragen, ohne vom Sicherheitsdienst entfernt zu werden. In den Reihen der NASA gab es viele kluge Köpfe, die dem Thema Rassentrennung eher gemäßigt gegenüber standen. Natürlich hatten Farbige ihre eigene Toilette zu benutzen, aber blanke Aggressionen waren bei diesen intelligenten Menschen nicht zu erwarten. Für mich wurde in diesem Film zum einen nicht die aufgeladene Stimmung zwischen Schwarz und Weiß deutlich, zum anderen blieb die Verzweiflung der drei Damen angesichts der Repressalien zu moderat. Es schien, man hat sich eher mit der Situation abgefunden – was soll man da eine Träne verdrücken?

An der darstellerischen Leistung hat es zumindest nicht gemangelt. Alle drei Hauptdarstellerinnen spielen wirklich gut, ebenso wie Kevin Costner, der ein nach Erfolg strebender, strenger Chef ist, der unter der harten Schale aber auch durchaus mal einen sanften Kern durchschimmern lässt. Besonders spannend: den “Big Bang Theory”-Sympathicus Jim Parsons mal als einen missgünstigen Konkurrenten zu erleben. So ganz frei machen von seinem Sheldon-Image konnte ich mich da nicht.

Auch wenn der Film für mich ruhig ein paar drastische Szenen hätte mehr haben können: sehenswert ist er trotzdem. Auch wenn er einem nicht unbedingt ein authentisches Gefühl für die Rassentrennung geben kann (da empfehle ich lieber den Klassiker “Mississippi Burning”), so kann dank der hervorragenden Ausstattung doch sehr gut in die goldenen Zeiten der 60er Jahre eintauchen. Zeiten, die von chromblitzenden Cadillacs ebenso geprägt waren wie von den gemeinschaftsstärkenden “Wir wünschen unseren Astronauten alles Gute”-Sprüchen an allen Kindergärten, Kirchen und Supermärkten.

Der Film ist durchaus unterhaltsam und gibt Einblick in drei außergewöhnliche Biographien, die es wert sind, verfilmt zu werden. Für einen gemütlichen DVD-Abend taugt der Film allemal.

Wertung: 3/5

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