In der wüsten Einöde von West-Texas überfallen die beiden Brüder Tanner (Ben Foster, “Todeszug nach Yuma”) und Toby Howard (Chris Pine, “Star Trek”) Kleinstadt-Banken. Da sie immer nur das Geld aus der Kasse stehlen, hat das FBI kein Interesse sich mit “diesem Kleinkram” zu beschäftigen. Ganz anders der Dorf-Sheriff Marcus Hamilton (Jeff Bridges, “Crazy Heart”). Der will es zwei Wochen vor seiner Pensionierung noch einmal wissen und macht sich mit seinem halbindianischen Partner Alberto Parker (Gil Birmingham, “Twilight”) auf die Jagd nach den Kleingangstern.
Vier Oscar-Nominierungen, unter anderem für den besten Film und das beste Drehbuch (und ja, natürlich für Jeff Bridges…), ließen schon vermuten, dass der Film klasse sein muss.
Die Story klingt sehr kompakt – und das ist sie erfreulicherweise auch. Hier wird keine Zeit auf Nebenhandlungen verschwendet. Hier geht es recht ausgewogen um zwei Teams: eines raubt Banken aus, das andere will sie daran hindern. So einfach kann es manchmal sein. Beiden Teams wird ausreichend Screen-Time eingeräumt, um ein Gefühl für die jeweilige Beziehung zwischen einander zu entwickeln. Beim kriminellen Brüderpaar handelt es sich um einen recht intelligenten Kerl (Pine), der nur so lange Banken überfallen will, bis er die Kredite für die Ranch seiner Eltern begleichen kann. Beim anderen Bruder wird schnell klar, dass ihn seine niedrige Aggressionsschwelle schon mehr als einmal in Schwierigkeiten – und in den Knast – gebracht haben. Während Tanner in bester “Uns gehört die Welt”-Attitüde auch vor Gewalt nicht zurückschreckt, ist Toby berechnender und nicht auf Reichtum und Ruhm aus.
Fast noch interessanter ist das Cop-Team Hamilton/Parker. Jeff Bridges gibt gekonnt den etwas außer Form geratenen Vorstadt-Cop, der sich dessen bewusst ist, dass sein Leben nach der Pensionierung so richtig langweilig wird. Also nutzt er noch einmal jede Gelegenheit, um seinen Partner mit dessen indianisch-mexikanischen Wurzeln aufzuziehen. Bridges und Birmingham schaffen es sehr schön, die Beziehung der beiden herauszuarbeiten. Sie können nicht mit und nicht ohne einander. Auch wenn sie sich tagtäglich nur gegenseitig mit Schimpfwörtern belegen, gehen sie in heiklen Situationen doch gemeinsam durch Dich und Dünn.
Der Film lebt vor allem durch sein außergewöhnliches Setting: Verfolgungsjagdten in New York oder Los Angeles kennen wir alle zur Genüge. Wie schön ist es da mal einen Film zu sehen, der in diesen kleinen Käffern mitten im Nirgendwo spielt, die nur aus drei, vier Straßen zu bestehen scheinen. Auch die Landschaft wird hervorragend in Szene gesetzt: man kriegt ein Gefühl für die unendlichen Weiten, die dieser Teil des Landes zu bieten hat. Zu dieser tollen Landschaft gesellen sich natürlich auch noch dieser besondere Schlag Menschen, die in den Diners dieser Gegend wohl so anzutreffen sind. Mich hat das mal wieder in meinem Wunsch bestärkt, mir diese Gegend des Mittleren Westens höchstpersönlich anzuschauen.
Man ahnt es ja schon: wenn ich davon rede, dass sich die beiden Cops dauernd gegenseitig piesacken, dann kann es mit dem Ernst des Filmes ja nicht so weit her sein. Stimmt auch. Es gibt viele Dialoge, die einer gewissen Situationskomik nicht entbehren. Dabei bleibt der Film allerdings im Grundton doch immer ernst und verkommt durch seine flotten Sprüche nicht zur Klamotte. Mein Lieblings-Dialog ist da schon recht exemplarisch:
Tanner: “Willst Du mich wahnsinnig machen? Ich sagte Dr. Pepper, das ist Mr. Pibb!”
Toby: “Sie hatten nichts anderes.”
Tanner: “Nur Arschlöcher trinken Mr. Pibb!”
Toby: “Nun trink schon.”
(Vermutlich muss man die Szene selbst sehen, aber ich habe mich vor Lachen weggeschmissen.)
Zum Ende gewinnt der Film dann doch noch mal am notwendigen Ernst und kann mich dadurch dann vollends begeistern. Echt solide, schnörkellose Krimikost.
Fazit: “Hell Or High Water” fühlt sich haargenau so an wie ein Coen-Film – einer von den besseren.
Wertung: 4,5/5