Tourgeschichten, Teil 4

Die schlechte Nachricht, die mich am Freitag ereilt hat, hat mich zu dem Zeitpunkt erstaunlicherweise nicht wirklich in ein tiefes Loch gestürzt. Anstatt in Verzweiflung aufzugehen, war ich da eher pragmatisch im Sinne von „Ach herrje, jetzt muss ich wieder ins Krankenhaus. Erst mal sehen, was ich mir für Serien und Filme auf’s Tablet mache. Podcasts und Hörbücher müssten ja noch zur Genüge drauf sein…“ Am Samstag wollte ich es mir dann anscheinend selbst beweisen, mich von dummen Gedanken ablenken und mir zeigen, wie stark ich momentan sein kann.

Vor ein paar Wochen, als ich mein neues Fahrrad-Navi bekommen habe, hatte ich mir am heimischen PC ein paar Touren zusammengeklickt. Am Samstag war der Tag gekommen, an dem ich eine der längsten Strecken davon in Angriff nehmen wollte: einmal rund um den Deister. Geplant waren es 93 Kilometer.

Da mein Rennrad akuell noch in der Werkstatt ist, setzte ich mich also auf mein Pedelec und bekann die Strecke ohne Motor-Unterstützung. Die ersten 15 Kilometer waren locker weggeradelt, obwohl das Rad ja doch eine ganze Ecke schwerer ist und ich noch motorlos fuhr. Das gefährlichste beim Pedelecfahren ohne Motor: irgendwann in die Versuchung kommen, ihn doch zuzuschalten. Gerne an einer Steigung. Wenn man dann nämlich merkt, wie bequem das ganze ist, erliegt man schnell eben jener Versuchung und lässt dien Motor doch die ganze Zeit mitlaufen.

Nun gut, Rekorde waren an diesem Tag eh nicht zu erwarten, schließlih war ich die zwei Tage davor absolut faul. Es ging mir ja auch eher darum, einfach den Kopf frei zu bekommen, mich auf neuen Wegen treiben zu lassen und einfach eine gute Zeit zu haben – ohne es auf eine Bestzeit anzulegen.

Irgendwann in der Nähe von Bantorf habe ich wieder eine erste kleine Rast gemacht. Die Hütte kannte ich noch von einer Tour im Juni. Hier bot sich die Gelegenheit für einen schönen Schnappschuss, der zeigt, wie schön das Wetter war.

Kurze Zeit später habe ich mal ein paar Sekunden nicht auf’s Navi geschaut und musste so einen kleinen Umweg durch Bantorf nehmen. Vermutlich kennen einige die A2-Abfahrt bei Bantorf (es prangt das goldene M am Himmel…). Was für den gepflegten Autofahrer noch ganz okay ist, ist für den Radfahrer aber quasi die Hölle: nur wenige Minuten, nachdem ich bei dem oben abgebildetes Idyll am Rand eines Feldes stand, in ziemlicher Abgeschiedenheit, hörte ich nun die Autos über die Autobahn rasen, während ich an diversen Ampeln stehen musste, um die vielbefahrene, nach Abgasen stinkende Straße zu überqueren. Nun gut, auch das ging vorbei. Auch an dieser Stelle habe ich mich nicht ganz an die Werktreue meiner geplanten Route gehalten. Diesmal zahlte sich das aber aus: nachdem ich einen kleinen Hügel hinauf gefahren bin, hatte ich von dort oben einen herrlichen Ausblick in Richtung Kaliberg Bokeloh, Steinhuder Meer und alter Heimat Wunstorf:

Kurze Zeit später war ich auch schon in Rodenberg, dem am weitesten entfernten Punkt meiner Tour. Da ich den Deister ja umfahren hatte, hielten sich die Steigungen auch sehr in Grenzen. Entsprechend wurde auch der Akku geschont, der alles in allem gut 130 Kilometer weit gereicht hätte. Nachdem ich Bad Münder und Springe hinter mir gelassen hatte, stellte sich in Eldagsen die Frage: einfach der Route folgen und weiterfahren nach Hause? Oder vielleicht doch noch einen Umweg über die Holzmühle und Coppenbrügge machen? Ich entschied mich für letzteres und hatte damit auch das Ziel festgelegt, so weit zu fahren wie noch nie zuvor. Vielleicht musste ich mir genau an diesem Tag einfach beweisen, dass ich eben nicht schwach bin, sondern immer noch meine eigenen Grenzen weiter ausloten kann.

Auch von Coppenbrügge nahm ich natürlich nicht den kürzesten Weg nach Hause, sondern schlängelte mich noch auf einigen wenig befahrenen Landstraßen herum, um ein paar Exttra-Kilometer zu machen. Gut 15 Kilometer von zuhause entfernt sah ich ringsum am Horizont aber nicht nur ein paar Regenwolken, sondern tatsächlich auch richtige Regengüsse, die da vom Himmel kamen. Da hieß es dann eben doch: auf dem kürzesten Weg nach Hause! Glück gehabt: ich war gut 126 Kilometer und 6,5 Stunden unterwegs, ohne einen Tropfen abzubekommen. Kaum war ich nach der Tour frisch geduscht, pladderte es nur so herunter.

Ich kleiner Glücckspilz. Und vielleicht wollte mir der Regenbogen auch noch ein wenig Glück für die kommenden Tage wünschen.

Podcasts im Ohr: Baywatch Berlin, Die Wochendämmerung, Sneakpod, Sträter/Bender/Streberg

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