Life in times of Corona

Vor einem Monat schien die Welt, wie wir sie kennen noch in Ordnung zu sein und auf einmal ist nichts mehr so, wie es einmal war. Die Städte wirken immer ausgestorbener, die Supermärkte wirken schlecht versorgt und alle Menschen sollten möglichst zuhause bleiben. Keine schöne Situation, sicherlich nicht. Wobei: wer sich über Langeweile während einer wochenlangen häuslichen Isolation beklagt, sollte an jene denken, die auf Intensivstationen liegen. Im Vergleich geht es uns also noch gut, dessen gewahr, dass es auch noch viel schlimmer sein könnte. Gerade auch in Anbetracht dessen hat es einen gewissen bitteren Beigeschmack, wenn man auch mal versucht, der aktuellen Krise auch mal ein paar positive Dinge abzugewinnen. Natürlich möchte ich damit das Leid der Opfer ebenso wenig relativieren wie das von Kulturschaffenden, Gastwirten, Hoteliers & Co. Ich möchte vielmehr aufzeigen, dass sich aus dieser Krise eben auch neue Chancen ergeben.

Die Politik hört auf Wissenschaftler

Seit nun fast zwei Jahren streikt sich ein Teenager um die Welt und fordert Politiker aller Länder dazu auf, endlich im Kampf gegen die klimatischen Veränderungen auf die Stimmen der Wissenschaftler zu hören. Doch Greta Thunberg kämpft gegen bisher unerschütterliche Windmühlen an, denn eine Veränderung würde sich vorerst negativ auf die Wirtschaftsdaten auswirken – und die sind nun mal leider heilig. Bisher.

Ganze Länder werden derzeit fast komplett heruntergefahren. Inzwischen gibt es erste Nationen, die alles bis auf die lebenswichtige Infrastruktur zum Stillstand bringen. Auch bei Großunternehmen wie VW stehen die Fließbänder still.

Und erstmals scheinen „die Politiker“ auf „die Wissenschaftler“ zu hören. Die Anführungszeichen weil das natürlich stark pauschalisiert ist. Auf einmal ist jemand wie Prof. Christian Drosten ein Medienstar, dessen NDR-Podcast „Coronavirus-Update“ aktuell für viele ebenso eine verlässliche Informationsquelle ist wie die „Tagesschau“ (die sich aktuell auch über regen Zulauf freuen kann).

Natürlich kommt dieses Interesse an wissenschaftlichen Statements nicht von ungefähr, denn die Gefahr lauert aktuell ja quasi vor der Haustür.  Auch wenn man das Virus selbst nicht sehen kann, so sind dessen Auswirkungen  doch für jedermann greifbar. Im Gegensatz dazu sind die Folgen des Klimawandels trotz extremer werdenden Hochwassern und Stürmen anscheinend für viele Entscheider noch zu unkonkret (auf alle Fälle aber wären klimafreundliche Maßnahmen „zu teuer“).

Ich würde mich freuen wenn wir uns diesen Blick auf die Meinung der Wissenschaft beibehalten könnten, so dass etwa Menschen wie Claudia Kemfert, Energieökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), mehr Gehör erhalten könnten. Dass gerade Frau Kemfert einige wichtige und sinnvolle Informationen zum Thema Energiewende hätte, die sie auch sehr verständlich vermitteln kann, hat sie in einer Sonderfolge meines Lieblings-Podcasts „Die Wochendämmerung“ gezeigt. Hör-Empfehlung!

Weniger Fake-Wissenschaft

Wie bei jeder unbekannten Gemengelage werden gerne mal Meinungen als Fakten verkauft oder böswillig durch Streuen von Gerüchten zur Verunsicherung beigetragen. Die Diskussionen um den Klimawandel sind da sicherlich das Paradebeispiel. Ich habe aber das Gefühl, dass die vertrauenswürdigen Informationen zum Thema Corona so umfassend, zugänglich und verlässlich sind, dass jegliche Falschinformationen schnell als solche enttarnt werden. Gerade bei dieser „Uni-Wien-Ibuprofen“-Nummer konnte man förmlich spüren wie sich alle Hälse der Republik in Richtung Professor Drosten gereckt haben. Auf einmal nehmen Menschen diese falschen Fakten nicht mehr als gegeben hin, sondern hinterfragen sie und suchen die Einschätzung von echten Profis. Auch esotherischer Schnickes, der per „Löschen der Zellinformationen“ Corona heilen soll, wird schnell als ebensolcher erkannt und unterbunden. Vielleicht sind wir da ja auf einem guten Weg?

Weniger Aufmerksamkeit für die AfD

Abgesehen davon, dass die Köpfe der AfD der Bundesregierung stoisch wie eh und je ein Komplettversagen vorwerfen, bleibt es aus der Ecke plötzlich ziemlich still. Auch für die Talk-Shows gilt: momentan hat man lieber Wissenschaftler und Vertreter seriöser Parteien auf dem Podium sitzen. Die Quertreiber von der AfD, die viel kritisieren, aber keine Problemlösungen anbieten, sind alle in ihren Löchern verschwunden. Ich würde mir wünschen, dass sich hier auch weiterhin die Prämisse „Beobachten: ja, aber sie nicht überall zu Wort kommen lassen“ durchsetzen würde.

Kontaktloses Bezahlen boomt

Ich bin schon lange ein Freund vom kontaktlosen Bezahlen per Smartphone. Gerade auf Radtouren in Sport-Montur habe ich nur in Ausnahmefällen die Geldbörse dabei, aber immer das Handy am Mann. Seitdem ich damit bezahlen kann, habe ich bei den Touren ein besseres Gefühl, weil ich mich für den Notfall besser gewappnet sehe.

Der Deutsche hängt an seinem Bargeld – ich nicht! Aber in Zeiten von Corona entwickeln immer mehr Menschen ein Bewusstsein dafür, was für „Dreckschleudern“ Scheine und Münzen doch darstellen, die von Hand zu Hand gehen. Momentan erlebt das kontaktlose Bezahlen einen Boom. Und die Leute merken: Das tut nicht weh, ist im Bestfall sogar viel praktischer. Ich hoffe, diesen Erkenntnisgewinn retten die Leute über die Corona-Krise hinaus.

Homeoffice

Die Arbeit von zuhause aus ist bei vielen Arbeitgebern ein neuralgischer Punkt, über den man tagelang vortrefflich streiten kann (da schaue ich mit einem wohlwollenden Lächeln in Richtung der Kommentarspalte unserer letzten Nerdtalk-Episode). Vorteile und Nachteile gibt es sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Der einzige, der zu 100% davon profitiert ist unsere Umwelt, wenn weniger Menschen von ihrer Wohnung an den Arbeitsplatz pendeln müssen.

Auch hier wird mit einem Schlag sehr viel möglich gemacht, das bisher nicht ging. Ich erlebe es in meinem eigenen Unternehmen. Und ich erlebe es auch gerade in der Parteiarbeit, wenn Gespräche ausfallen und irgendwie online nachgeholt werden müssen, weil es ja irgendwie doch weiter gehen muss. Und ich hoffe einfach mal, dass viele Arbeitgeber erkennen, dass man vor Homeoffice gar nicht so große Angst haben muss, sondern dass die Vorteile überwiegen. Wäre schön wenn auch nach den Krisenzeiten viele die Möglichkeit hätten, regelmäßig oder bei Bedarf von zuhause aus arbeiten zu können.

Außerdem hoffe ich, dass auch die Digitalisierung einen weiteren Schub erhält. Wenn Menschen realisieren, dass sie mit den heutigen Mitteln der Technik vielleicht sogar produktiver in einem Web-Meeting zusammenarbeiten können, als wenn sie aus aller Herren Länder anreisen und dabei Zeit in Auto, Bahn oder Flugzeug verjuxen.

Mehr Respekt für Pflegekräfte

Nicht alle können von zuhause aus arbeiten. Auch wenn Telemedizin ein aktuelles Schlagwort ist, so ist der tägliche persönliche Umgang mit Patienten für Ärzte und Krankenpfleger nicht wegzudenken. Schön, dass sie jetzt gerade so viel Zuspruch bekommen. Schön wenn sich Leute verabreden, um zu einer bestimmten Uhrzeit einfach mal für die „systemrelevanten Berufe“ zu klatschen, die immer noch Überstunden da draußen machen müssen, während wir uns in unserer Isolation wohlig-warm eingerichtet haben. Wann hat man schon mal erlebt, dass sich ein Ministerpräsident ganz landesväterlich zu einer Kassiererin herunterbeugt und ihr für den „Dienst an der Front“ dankt? Nun wäre es ja schön wenn es nicht bei Klatschen und Dank bleiben würde, sondern auch bei einem deftigen Aufschlag bei der Bezahlung. Vielleicht wachen hierzulande ja doch noch mal ein paar Entscheider auf und merken, dass gerade diese Menschen den Laden am Laufen halten und nicht die Investment-Banker und Unternehmensberater. Schön wär’s.

Mir hat sich das eindrücklich gezeigt als ich in New York war. Feuerwehrleute werden da als echte Helden abgefeiert, gelten als der Stolz der ganzen Stadt. Warum ist das bei uns so anders? Wachen wir diesbezüglich vielleicht gerade ein wenig auf?

Donald Trump ist im Arsch

Während sich zum Jahresbeginn die Demokraten in ihren Vorwahlen mehr und mehr gegenseitig zerfleischten und so Trumps Chancen auf eine Wiederwahl stärkten, scheint der US-Präsident einen anderen Gegner gar nicht auf dem Schirm gehabt zu haben: das Corona-Virus.

Sein Krisen-Management ist kein Krisen-Management. Punkt.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass er im Umgang mit der Corona-Krise die Grenzen seines Deal-Making und „I am smart, trust me“-Gefasels aufgezeigt bekommt. Die Stimmen mehren sich, die seinen Rückhalt schwinden sehen.

Man sieht: in all der Finsternis ist doch immer auch ein Funken Hoffnung.

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