Ich bin jetzt ein „Vereins-Meier“

Deutschland gilt ja als ein Land der Vereine. Am bekanntesten sind die Fußball-, Sport- und Schützenvereine. Aber es gibt eigentlich nix, für das es nicht auch einen Verein gäbe. Ich sage nur “Zentralverband Naturdarm e. V.” oder “Freunde der Zahl Pi” bis hin zum “Sensenverein Deutschland e. V.” und dem “Verein gegen betrügerisches Einschenken e.V.” (von Bier natürlich – ist ja immer noch Deutschland hier!).

Da frage ich mich schon, wie ich 46 Jahre alt werden konnte, ohne jemals in einem Verein zu sein. Eine mögliche Erklärung: die Liebe zum Sport habe ich leider erst in meinen 30ern entdeckt, daher hat es in Jugendzeiten nie zu einem Sportverein – aber immerhin zu einer Badminton-AG! – gereicht.

Und zu meiner ersten Vereinsmitgliedschaft bin ich dann nun auch gekommen wie die Jungfrau zum Kinde…

Es war mal wieder der Tag unseres alljährlichen Weihnachtsmarktes im Dorfe. Ich finde es jedes Jahr wieder bewundernswert, dass unser Dorf mit seinen knapp 1.700 Einwohnern sich die Mühe macht, quasi nur für einen Nachmittag so viele Stände aufzubauen. Klar: ein wochenlanger Betrieb der Stände würde sich nicht lohnen. Aber eben weil er so selten und einmalig ist, ist dieser eine Samstag im Dezember immer fest eingeplant für “unseren Weihnachtsmarkt”.

Wobei das “unser” so ja eigentlich nicht stimmt. Mein großes Problem: obwohl ich nun seit über 6 Jahren in Rössing lebe – in einem Dorf, in dem jeder jeden kennt – kenne ich kaum jemanden. Klar, die direkten Nachbarn kenne ich schon. Man geht mal essen, lädt sich gegenseitig zu Grillabenden ein oder trinkt in kleiner Runde auch mal ein paar Glas Wein. Aber ansonsten? Ansonsten komme ich von der Arbeit, fahre nach Hause und lasse es mir gut gehen, wahlweise auf der Couch oder der Gartenliege – wenn ich nicht gerade mit dem Rad durch die Welt kurve und so natürlich auch keine anderen Rössinger kennen lernen kann. So richtig ins Gespräch komme ich als schüchterner Zeitgenosse eher selten.

Und so bin ich auch beim Besuch des Weihnachtsmarktes immer etwas zwiegespalten. Da geht man zu einer festlichen Veranstaltung in unserem Dorf – und kennt doch niemanden. Selbst unsere Nachbarn lassen sich da nicht blicken, so dass man nicht mal mit denen gemeinsam einen Glühwein süppeln kann.

Und so standen wir auch dieses Mal wieder auf dem Weihnachtsmarkt, gönnten uns gerade Kartoffeln mit leckerem Quark-Dip und schauten dabei in viele fremde Gesichter. Als ich Michi fragte “Boah, was ist denn bitte in diesem leckeren Dip drin?”, gesellte sich ein freundlicher Mann zu uns und gab uns eine kurze Abhandlung zur Zutatenliste. Er war nämlich der Vorsitzende des Vereins Freizeitsee Rössing, dessen Stand uns mit den leckeren Erdäpfeln versorgt hat. So kamen wir ins Gespräch und hatten nebenbei erwähnt, dass Michi und ich uns auch schon mal überlegt hatten, dem Verein beizutreten. Die kümmern sich ein wenig um einen ehemaligen Baggersee und halten ihn schön sauber. Auch wir haben da schon so einige Sonnenuntergänge “im Schatten der Marienburg” (im Bild rechts) erlebt.

Also lag es ja nahe, sich da ein wenig einzubringen. Und was soll ich sagen: kaum aufgegessen, da hatten wir unsere Unterschrift auch schon unter den Mitgliedsantrag gesetzt. Tja, wie so oft: der Weg in mein Herz führt über den Magen. 😉

Nun sind wir also Mitglieder im Verein Freizeitsee, unser Eintritt kam gerade rechtzeitig, denn nur eine Woche nach dem Weihnachtsmarkt stand die traditionelle Grünkohl-Winterwanderung an. Da waren wir dann natürlich auch gleich mit dabei, um uns unseren anderen Vereinsmitgliedern vorzustellen. So eine richtige Wanderung ist es witterungsbedingt dann zwar nicht geworden; letztlich sind wir mit Glühwein im Bollerwagen nur einmal kurz zum See hin und dann in unsere Dorfgaststätte zum Essen gegangen, schön war es aber trotzdem.

Im Januar stand dann die Jahresmitgliederversammlung an, an der wir auch teilgenommen haben. Da konnte ich dann sehen, dass wir schon recht engagiert sind. Bei knapp 110 Mitgliedern waren zu der Versammlung gerade mal 20 Personen anwesend. Dieser Eindruck hat kurze Zeit später noch ein wenig verfestigt.

Am vorletzten Wochenende stand dann nämlich der alljährliche Rückschnitt am See an. Insgesamt waren wir ein gutes Dutzend Freiwillige, die sich zum einen darum gekümmert haben, dass Besucher nicht durch ein Dickicht auf den See schauen, sondern dank des Rückschnitts wieder eine schöne Sicht hatten. Ich habe mich der Truppe angeschlossen, die das Areal weitestgehend vom Müll befreit hat. Anfangs war das gar kein großes Thema. Hier mal ein Kronkorken, da mal eine Plastiktüte. Nur an einer Stelle hat wohl irgendjemand – vermutlich zu Silvester – eine Konfettibombe platzen lassen, gefüllt mit tausenden kleinen Alufolie-Fitzeln, die ich in mühevoller Detailarbeit aus dem Gras zupfen konnte.

Die knapp zwei Stunden in gebückter Haltung haben sich dann auch in zwei Tagen Rückenschmerzen niedergeschlagen. Aber immerhin gab es quasi als krönenden Abschluss eine superleckere Linsensuppe. Und nach getaner Arbeit bin ich noch mal zum See gefahren und habe mit meiner Drohne das Ergebnis unserer Arbeit bildlich festgehalten.

Tja, und so kam es, dass ich als jemand, der 46 Jahre lang einen Bogen um Vereine gemacht hat, nun sogar schon auf zwei Fotos auf der “Titelseite” der Homepage zu finden bin. 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert